Ja, ich weiß, da schreit nicht jeder HURRAAA! Gedichte lernen erinnert an drögen Deutschunterricht und Schulkameraden, die beim Aufsagen leiern wie kaputte Schallplatten. Als Familienprojekt ist es was GANZ ANDERES und wenn irgendwann alle ein richtig tolles Gedicht laut gemeinsam krähen können, ist das eine tolle Sache.

Nebeneffekt: Uns „Alten“ schadet es ja auch nicht, das Gehirn mal wieder mit ein bisschen Auswendiglernen zu ölen. Das tun wir zu selten, und es tut gut. Die Pädagogin/Literaturverliebte in mir stellt sich vor, dass wir später mal alle auf Partys locker zusammenstehen und angeben, was wir alles in der Corona-Zeit gelernt haben.

Also, hier kommen ein paar kinder/familienfreundliche Vorschläge:

Für die Kleinen

Joachim Ringelnatz: Im Park

Ein ganz kleines Reh stand am ganz kleinen Baum

Still und verklärt wie im Traum.

Das war des Nachts elf Uhr zwei.

Und dann kam ich um vier

Morgens wieder vorbei,

Und da träumte noch immer das Tier.

Nun schlich ich mich leise – ich atmete kaum –

Gegen den Wind an den Baum,

Und gab dem Reh einen ganz kleinen Stips.

Und da war es aus Gips.

Für die etwas Größeren

Christian Morgenstern: Die unmögliche Tatsache

Palmström, etwas schon an Jahren,

wird an einer Straßenbeuge

und von einem Kraftfahrzeuge

überfahren.

Wie war (spricht er, sich erhebend

und entschlossen weiterlebend)

möglich, wie dies Unglück, ja -:

daß es überhaupt geschah?

Ist die Staatskunst anzuklagen

in Bezug auf Kraftfahrwagen?

Gab die Polizeivorschrift

hier dem Fahrer freie Trift?

Oder war vielmehr verboten

hier Lebendige zu Toten

umzuwandeln – kurz und schlicht:

Durfte hier der Kutscher nicht -?

Eingehüllt in feuchte Tücher,

prüft er die Gesetzesbücher

und ist alsobald im klaren:

Wagen durften dort nicht fahren!

Und er kommt zu dem Ergebnis:

Nur ein Traum war das Erlebnis.

Weil, so schließt er messerscharf,

nicht sein kann, was nicht sein darf.

Ab der 5. Klasse

Johann Wolfgang von Goethe: Der Zauberlehrling

Hat der alte Hexenmeister

Sich doch einmal wegbegeben!

Und nun sollen seine Geister

Auch nach meinem Willen leben.

Seine Wort‘ und Werke

Merkt ich und den Brauch,

Und mit Geistesstärke

Tu‘ ich Wunder auch.

Walle! walle

Manche Strecke,

Daß, zum Zwecke,

Wasser fließe,

Und mit reichem, vollem Schwalle

Zu dem Bade sich ergieße.

Und nun komm, du alter Besen!

Nimm die schlechten Lumpenhüllen!

Bist schon lange Knecht gewesen;

Nun erfülle meinen Willen!

Auf zwei Beinen stehe,

Oben sei ein Kopf!

Eile nun und gehe

Mit dem Wassertopf!

Walle! walle

Manche Strecke,

Daß, zum Zwecke,

Wasser fließe,

Und mit reichem, vollem Schwalle

Zu dem Bade sich ergieße.

Seht, er läuft zum Ufer nieder;

Wahrlich! ist schon an dem Flusse,

Und mit Blitzesschnelle wieder

Ist er hier mit raschem Gusse.

Schon zum zweiten Male!

Wie das Becken schwillt!

Wie sich jede Schale

Voll mit Wasser füllt!

Stehe! stehe!

Denn wir haben

Deiner Gaben

Vollgemessen! –

Ach, ich merk es! Wehe! wehe!

Hab ich doch das Wort vergessen

Ach, das Wort, worauf am Ende

Er das wird, was er gewesen.

Ach, er läuft und bringt behende!

Wärst du doch der alte Besen!

Immer neue Güsse

Bringt er schnell herein,

Ach! und hundert Flüsse

Stürzen auf mich ein.

Nein, nicht länger

Kann ich’s lassen;

Will ihn fassen.

Das ist Tücke!

Ach! nun wird mir immer bänger!

Welche Miene! welche Blicke!

O du Ausgeburt der Hölle!

Soll das ganze Haus ersaufen?

Seh ich über jede Schwelle

Doch schon Wasserströme laufen.

Ein verruchter Besen,

Der nicht hören will!

Stock, der du gewesen,

Steh doch wieder still!

Willst’s am Ende

Gar nicht lassen?

Will dich fassen,

Will dich halten

Und das alte Holz behende

Mit dem scharfen Beile spalten.Willst’s am Ende

Gar nicht lassen?

Will dich fassen,

Will dich halten

Und das alte Holz behende

Mit dem scharfen Beile spalten.

Seht, da kommt er schleppend wieder!

Wie ich mich nur auf dich werfe,

Gleich, o Kobold, liegst du nieder;

Krachend trifft die glatte Schärfe.

Wahrlich! brav getroffen!

Seht, er ist entzwei!

Und nun kann ich hoffen,

Und ich atme frei!

Wehe! wehe!

Beide Teile

Stehn in Eile

Schon als Knechte

Völlig fertig in die Höhe!

Helft mir, ach! ihr hohen Mächte!Wehe! wehe!

Beide Teile

Stehn in Eile

Schon als Knechte

Völlig fertig in die Höhe!

Helft mir, ach! ihr hohen Mächte!

Und sie laufen! Naß und nässer

Wird’s im Saal und auf den Stufen.

Welch entsetzliches Gewässer!

Herr und Meister! hör mich rufen! –

Ach, da kommt der Meister!

Herr, die Not ist groß!

Die ich rief, die Geister,

Werd ich nun nicht los.

„In die Ecke,

Besen! Besen!

Seid’s gewesen.

Denn als Geister

Ruft euch nur, zu seinem Zwecke

Erst hervor der alte Meister.““In die Ecke,

Besen! Besen!

Seid’s gewesen.

Denn als Geister

Ruft euch nur, zu seinem Zwecke

Erst hervor der alte Meister.“

Der Endgegner

Hier zum „Vorhören“. Kudos to Ch. Frey fürs Einsprechen – thanks, Bro!

Now is the winter of our discontent

Made glorious summer by this sun of York;

And all the clouds that lour’d upon our house

In the deep bosom of the ocean buried.

Now are our brows bound with victorious wreaths;

Our bruised arms hung up for monuments;

Our stern alarums changed to merry meetings,

Our dreadful marches to delightful measures.

Grim-visaged war hath smooth’d his wrinkled front;

And now, instead of mounting barbed steeds

To fright the souls of fearful adversaries,

He capers nimbly in a lady’s chamber

To the lascivious pleasing of a lute.

But I, that am not shaped for sportive tricks,

Nor made to court an amorous looking-glass;

I, that am rudely stamp’d, and want love’s majesty

To strut before a wanton ambling nymph;

I, that am curtail’d of this fair proportion,

Cheated of feature by dissembling nature,

Deformed, unfinish’d, sent before my time

Into this breathing world, scarce half made up,

And that so lamely and unfashionable

That dogs bark at me as I halt by them;

Why, I, in this weak piping time of peace,

Have no delight to pass away the time,

Unless to spy my shadow in the sun

And descant on mine own deformity:

And therefore, since I cannot prove a lover,

To entertain these fair well-spoken days,

I am determined to prove a villain

And hate the idle pleasures of these days.

Plots have I laid, inductions dangerous,

By drunken prophecies, libels and dreams,

To set my brother Clarence and the king

In deadly hate the one against the other:

And if King Edward be as true and just

As I am subtle, false and treacherous,

This day should Clarence closely be mew’d up,

About a prophecy, which says that ‚G‘

Of Edward’s heirs the murderer shall be.

Dive, thoughts, down to my soul: here

Clarence comes.

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Lernprojekt „Gedichte“
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